Manager berichten 

 
Interview mit Reinhard Wingral, Inhaber der Wingral & Partner Unternehmensberatung, die sich seit mittlerweile 20 Jahren auf die Bereiche Franchising und Innovation spezialisiert und dadurch einen Namen nicht nur in Deutschland, sondern auch in weiten Teilen Europas und Staaten wie China und Südafrika gemacht hat. 

1. Zunächst vielen Dank für Ihre Zeit, Herr Wingral. Da sich dieser Newsletter in erster Linie an Studenten richtet, fangen wir am besten ganz am Anfang Ihres beruflichen Werdegangs an. Was haben Sie studiert und warum?
 
Ich bin von Hause aus zweigleisig gefahren. Ich habe eine Lehre im pharmazeutischen Großhandel gemacht, habe dort 2 Jahre praktisch in diesem Beruf gearbeitet und anschließend ein betriebswirtschaftliches Studium drangehängt. Das war jedoch nicht von langer Hand geplant, sondern kam eher spontan. Ich war nämlich eher der Spätzünder, der erst durch die Lehre Gefallen am Beruf des Kaufmanns gefunden hat. Irgendwann kam ich dann an den Punkt, an dem ich feststellte, dass ich den theoretischen Unterbau, das Fundament, durch ein zusätzliches Studium festigen muss. Diese Entscheidung habe ich nie bereut und letztendlich auch meinen beiden Töchtern empfohlen.
 
2. Viele Studenten fragen sich während Ihres Studiums, wie ihnen Theoriewissen überhaupt im späteren Beruf nützlich sein kann. Inwieweit konnten bzw. können Sie Ihr universitäres Wissen in der Praxis verwenden?
 
Das konnte ich bis zu einem gewissen Punkt. Die Aufgabenstellung meines damaligen Arbeitgebers fragte natürlich nicht alles, was ich im Studium gelernt hatte, ab. Vielmehr wurde ich seinerzeit mit Einzelaufgaben konfrontiert, bei denen ich feststellen musste, dass mein theoretisches Wissen eine gute Basis war, ich mich aber doch in jede Fragestellung gezielt im Betrieb einarbeiten musste. Ein Beispiel: Ich sollte recht früh eine Jahresplanung für das Unternehmen erstellen. Selbstverständlich wusste ich um die Wertigkeit eines Budgets sowie dessen Mechanismen. Dennoch musste ich mir die Zahlenbasis im Betrieb zusammensuchen und bewerten können, welche Zahlen belastbar sind und welche nicht – das war dann die Praxis. Als ich dann meine erste Jahresplanung finalisiert hatte, hatte ich das Gefühl, dass ich zum Thema Unternehmensplanung in den drei, vier Wochen, in denen ich an der Planung gesessen hatte, wesentlich mehr gelernt hatte, als in diversen Semestern zuvor. Dies ist meiner Meinung nach ein typischer Effekt.
 
3. Sie sind jetzt seit 20 Jahren selbstständiger Unternehmensberater – spezialisiert auf die Fachbereiche Franchising und Innovation. Wie sieht in dieser Funktion Ihr typischer Tagesablauf aus?
 
Ganz klar: Jeden Tag gehe ich voller Vorfreude an die Aufgaben, die vor mir liegen.
Der typische Arbeitstag besteht zum einen aus Terminen, die aus Projekten vorgegeben und mit Mandanten abgestimmt sind. An diese Termine versuche ich mich sehr strikt zu halten.
Das Zweite: Jeder Arbeitstag bringt Überraschungen mit sich. Es klingelt das Telefon und das kann ein bedeutender Kunde von morgen sein. Zudem können dies verschiedene An- oder Rückfragen sein, die einen ganzen Arbeitstag auf den Kopf stellen können. Hier muss man selbstverständlich flexibel sein.
Ein weiterer, nicht zu vernachlässigender Aspekt ist, gerade in der Selbstständigkeit, die Akquise. Das heißt, dass ein Teil meiner Arbeit auch darin besteht, Akquisetermine (Reisen, etc.) zu planen und diesen auch nachzugehen.
Der typische Arbeitstag ist übrigens in Stunden nicht zu beziffern, da im Rahmen der Selbstständigkeit Arbeit und Freizeit ineinander übergehen – aber ich fühle mich alles andere als schlecht dabei.
 
4. Was sind typische Probleme, mit denen Sie in Ihrem beruflichen Alltag zu kämpfen haben?
 
Zunächst einmal muss gesagt werden, dass der Ruf des Unternehmensberaters nicht das beste Image besitzt, weil es leider auch Berater gibt, die nicht seriös und qualifiziert arbeiten.
Ein zweiter Aspekt: Eine Beratungsleistung wahrzunehmen ist nicht immer ganz einfach. Dies ist natürlich nicht so messbar wie das Anbieten eines Möbelstücks durch einen Tischler.
Zudem kämpfe ich immer wieder mit der Kommunikation. Das heißt: Die Erwartungshaltung, die ein Mandant hat, und die Leistung, die wir abliefern – beides muss bestmöglich zusammenpassen. Hier müssen bereits im Vorfeld sehr sorgfältig die Bedürfnisse eines Mandanten ermittelt und, meist sehr individuell, ein Lösungspaket vorgeschlagen werden.
 
5. Was reizt Sie an Ihrem Beruf am meisten?
 
Die Selbstständigkeit als solche hat einfach eine hohe Lebensqualität. Ich sehe die Ergebnisse, die ich schaffe, und kann persönlich auf meine Arbeit stolz sein. Es gibt allerdings auch Fälle, bei denen man selbstkritisch sagen muss: Dort hättest du besser arbeiten können. In diesen Fällen weiß ich aber auch, dass ich die Prügel direkt einstecke. Aber gerade diese Herausforderung, dieses eigene Gestalten, das Bemühen, besser und schneller sein zu wollen als die anderen, bringt mich dazu zu sagen: Ich habe in den 20 Jahren meiner Selbstständigkeit keinen Tag bereut.
 
6. Auf welchen Aspekt Ihres alltäglichen Arbeitslebens könnten Sie im Gegensatz dazu verzichten?
 
Etwas weniger Reisetätigkeit wäre manchmal sehr angenehm. Allerdings heißt Beratung beim Kunden vor Ort zu sein – wo immer der Kunde sitzt. Das ist natürlich im Zweifel auch mal außerhalb Deutschlands. Diese Reisetätigkeit steckt einem doch ab und an in den Knochen und frisst die Zeit, die dann an anderer Stelle fehlt und somit einen gewissen Termindruck hervorruft. Da wäre ich froh, wenn ich das anders organisieren könnte – eine überzeugende Lösung ist mir allerdings bis heute nicht eingefallen.
Ein zweiter Punkt ist die mitunter unprofessionelle Beratungskommunikation: Die Erreichbarkeit von Kunden, die Qualität der Zulieferung von Daten, die Definition von Zuständigkeiten – da gibt es doch des öfteren Defizite, die – ganz salopp gesagt – etwas nerven.
 
7. Welche Entscheidung hat Sie in Ihrer Karriere am meisten nach vorne gebracht?
 
Ganz klar: Die Entscheidung, in die Selbstständigkeit zu gehen.
Da die Unternehmensstrategie bzw. die Vorstellungen meiner Arbeitgeber und meine Pläne seinerzeit immer weniger zusammenpassten, habe ich gesagt: So geht es nicht weiter. Ich werde von nun an das Thema, was mir am meisten Spaß macht, mich am meisten fasziniert und zu dem ich in der Lage bin, etwas zu leisten, konsequent verfolgen.
Der Begriff Karriere ist übrigens nicht ganz zutreffend. Es ist einfach diese innere Zufriedenheit, das zu machen, was einem Spaß macht. Die Kunden merken es, dass das einem Spaß macht bzw. dass man seine Arbeit gerne macht.
Wenn ich jemand gewesen wäre, der eine klassische Karriere machen wollte, hätte ich mich sicherlich als Berufseinsteiger auf den Weg begeben, in einem großen Unternehmen durch die Hierarchien zu arbeiten. Das war aber nie meine Absicht.
 
8. Welche Entscheidung bereuen Sie dagegen am meisten?
 
Es gibt keine grundsätzliche Entscheidung, die ich bereue.
Es gab trotzdem innerhalb der letzten Jahre immer mal wieder Einzelentscheidungen, über die ich heute anders denke und mir sage: Das Mandat hättest du nicht annehmen sollen oder da hast du unproduktiv gearbeitet.
Aber: Eine Entscheidung, die so falsch war, dass sie meinen Lebens- und Berufsweg geprägt hat, sehe ich Gott sei Dank nicht.
 
9. Angenommen ein junger Mensch strebt an, wie Sie, selbstständiger Unternehmensberater zu werden: Welchen Karriereweg würden Sie ihm/ihr empfehlen?
 
Schritt 1: Jeder, der dies machen möchte, sollte sehr selbstkritisch in sich hinein horchen, welche Themenfelder ihm am besten liegen, zu welchen Themenfeldern er Lösungen entwickeln kann, für die andere bereit sind zu bezahlen – darum geht es ja letztlich.
Schritt 2: Jeder sollte grundsätzlich überlegen, ob er authentisch auftritt. Jeder von uns hat Stärken und Schwächen, die Mandanten spüren, da es letztendlich auch persönliche Arbeit ist, die man leistet. Durch die angesprochene authentische Art sollte man sich davor hüten, Modethemen aufzugreifen und dazu zu beraten. Man sollte sich keinesfalls verstellen bzw. sich als Experte verkaufen für etwas, dass man im Innersten gar nicht ist, nur weil man es für lukrativ hält. Solch ein Schwindel, solch eine Mogelpackung, fällt sofort auf.
Werden diese beiden Voraussetzungen erfüllt, hat man schon etwas Wesentliches geleistet. Zusätzlich sollte man sich, wie jeder Selbstständige, nicht von Misserfolgen oder Kritik seiner Mandanten vom Weg abbringen lassen. Man sollte immer selbstkritisch sein, was die Arbeit angeht, aber nie in Selbstzweifel verfallen. Dann ist man auf dem richtigen Weg.
 
10. Zum Abschluss: Welchen Ratschlag möchten Sie unseren Studenten noch generell mit auf den Weg geben?
 
Ganz klar: Sich neben dem Studium sehr früh mit der praktischen Situation in Unternehmen oder den Feldern, die sie studieren, beschäftigen. Denn die Studienpläne sind das eine – sie haben Struktur und müssen diese auch haben.
Man sollte jedoch auf keinen Fall warten, bis das Studium beendet ist, und sich dann erst umhören, wie die Praxis im jeweiligen Studiengebiet läuft, sondern sich im besten Fall bereits als Erstsemester mit den Fragen befassen: Wo und unter welchen Umständen kommt meine Arbeit zum Tragen und was bewirkt sie? Wer braucht meine Arbeit überhaupt? Diesen beiden praktischen Überlegungen sollte sich jeder Studierende sehr früh stellen.
Das hat natürlich auch den Vorteil, dass man einen sehr viel tieferen Bezug zu dem, was man eigentlich studiert, hat. Es ist außerdem ein Bonus, wenn es darum geht, ein Praktikum oder am Ende des Studiums einen entsprechenden Arbeitsplatz zu bekommen, weil jeder Gesprächspartner merkt, dass ich dieses Thema nicht nur theoretisch im Studium aufgearbeitet habe, sondern dieses Thema auch lebe und einen praktischen Bezug dazu habe.


Vielen Dank für Ihre Zeit.

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