|
|
 |
 |
Aus der Praxis eines... Unternehmensberaters
Dr. Guido Beresheim berichtet über seine aktive Zeit als Top-Management-Berater bei Droege & Comp.
Nach seinem Abschluss als Wirtschaftsingenieur arbeitete Dr. Beresheim kurze Zeit als Controller bei der Deutschen Börse, bevor er nach der Promotion zum Dr.-Ing. und einem Gastsemester am MIT den Weg in den Beraterberuf wählte. Für den Studentenjobs.Info-Newsletter gewährt er exklusiv tiefe Einblicke in diesen abgeschotteten Berufsstand.
Herr Dr. Beresheim, was hat Sie besonders am Beruf des Unternehmensberaters gereizt? Die Vielfalt und der Abwechslungsreichtum. Verschiedene Unternehmensfunktionen, verschiedene Branchen und immer wieder andere Menschen kennen zu lernen. Bei den richtig guten Beratungen hat man das ganze Spektrum. Nicht nur, dass es abwechslungsreich ist, man kann dort auch am meisten lernen.
Wie würden Sie den typischen Tag eines Beraters beschreiben? Auf jeden Fall ist der typische Tag sehr lang. Normalerweise bin ich so um sieben aufgestanden. Ich bin lieber etwas früher aufgestanden als der eine oder andere, weil ich den Tag ohne Hetze beginnen wollte. In der Regel war man halb neun Uhr beim Kunden. Da hat man zu Beginn das Tagesprogramm abgestimmt. Meistens hat man dann schon erste Telefonate geführt und Treffen vorbereitet. Mit ein bisschen Glück hat man auch ein normales Mittagessen mit dem ganzen Projektteam gehabt. Danach wurden wieder irgendwelche Workshops und Meetings durchgeführt, zwischendurch auch mal Präsentationen und übergeordnete Meetings vorbereitet. Wenn der normale Werktag für Unternehmen zu Ende ist, werden Meetings nachbereitet, bzw. sehr frühe für den nächsten Tag wieder vorbereitet. Zusätzlich kümmert man sich um Meilensteinmeetings. Meistens wurden Arbeitspakete per Email versendet. So zwischen 21 und 23 Uhr ist man dann ins Hotel gekommen. Es konnte aber auch um einiges später sein, je nachdem wie der Tag so gelaufen ist. Ich habe dann immer versucht, dass ich sieben Stunden Schlaf habe, was aber nicht immer geglückt ist. Die Weiterentwicklung des Kunden erfolgt im Grunde in den Workshops und Meetings. Das Vorbereiten und Nachbereiten enthält aber immer sehr stark strukturierende und analytische Elemente. Der Berater, und das ist das allerwichtigste, muss dem Kunden immer voraus sein. Das bedingt einfach, dass er unglaublich gut vorbereitet ist und das Thema sehr, sehr gut strukturiert hat. Sie müssen die Ergebnisfolien, die Sie später als Ergebnis präsentieren wollen, quasi von der Struktur her schon vor Augen haben. Die richtig guten, erfahrenen Berater haben die auch dann schon vorbereitet und füllen diese dann nachher nur noch mit Inhalten. Man muss vor allem dafür sorgen, dass die Inhalte und die darauf basierende Argumentation valide ist. Zum Teil hört man von irgendwelchen Mitarbeitern: „Das haben wir vor fünf oder zehn Jahren schon gesagt“. Das Problem ist aber in meinen Augen, dass es nicht strukturiert und mündlich gewesen ist sowie nicht konstruktiv vorgebracht wurde. Das ist dann häufig das, was der Berater deutlich besser macht. Die meisten Informationen, die der Berater hat, wenn es nicht gerade Strategiethemen sind, kommen vom Kunden selbst. Nur hat der Kunde bisher nie das Ganze gesehen. Er hat es nicht fertig gebracht, die Fülle an Informationen zu erfassen, zu analysieren, zu strukturieren, zu bewerten und zu entscheiden. Es sind selten die jungen Berater, die der Geschäftsführung Inhalte nahebringen. Es sind eher die Projektleiter oder die Partner, die an den Auftraggeber berichten.
Was sind typische Probleme, mit denen sich ein Berater auseinandersetzen muss? Ich denke, das eine ist das Thema Psychologie, da der Berater von Grund her eine Gefahr für die meisten Mitarbeiter darstellt. Zumindest von der Wahrnehmung her und vermutlich auch nicht ganz zu Unrecht. Trotzdem muss er von den Mitarbeitern Informationen bekommen, die sie im Zweifel sehr stark belasten können. Da ist dann die Balance zwischen „Ich arbeite für das Unternehmen, ich gefährde dich nicht, aber bitte sag und gib mir alles, was Du weißt“ nötig. Letztendlich habe ich es noch nicht erlebt, dass man es nicht hinbekommt. Aber mit der Holzhammermethode geht es nicht. Ein weiteres Problem ist die Überforderung des Mitarbeiters. Der Berater muss schnell arbeiten. Manche Unternehmen haben ein sehr langsames Arbeitstempo oder schaffen den Mitarbeitern keine Freiräume, um das Bedienen der Berateranfragen sicher zu stellen. D.h. ein Berater hat mitunter sehr viele Fragen und sehr viel Datenbedarf, aber die Mitarbeiter sind komplett überfordert. Trotzdem muss man wiederum sehen, dass man seine Daten rechtzeitig und vollständig erhält.
Wie würden Sie die typische Denkweise eines Beraters beschreiben? Einer meiner Professoren hat mal gesagt „Man muss unfähig zur Gleichgültigkeit sein“. Der Berater muss im Grunde genommen einen Instinkt dafür entwickeln, wo die Probleme liegen und dann 100% valide arbeiten. Er hat sehr viel Verantwortung. Er muss sich wirklich sicher sein, dass alles wasserdicht ist. Man muss ständig, alles - und wenn es 16 Stunden am Tag ist - hinterfragen: „Was ist das Ziel, was muss dabei rauskommen, kann das sein, macht das alles Sinn?“. Und so wie ich jetzt meine Arbeit bei Droege (www.droege.de) empfunden oder gelernt habe, ist es entscheidend, wirklich wasserdicht zu arbeiten. Man muss einen sehr guten Instinkt haben, sehr analytisch denken und ein gutes Zahlenverständnis besitzen. Für mich ist ein guter Berater aber auch ein guter Kommunikator und Psychologe, der weiß, wie man mit Menschen umgeht. Man nimmt ja ungern Dinge von jemandem an, den man total unsympathisch findet.
Was hat Ihnen an dem Beruf des Unternehmensberaters am besten gefallen? Die langfristige Wirkung, durch das, was ich mitgenommen habe. Die wenigsten betreiben diesen Beruf ein Leben lang. Neben dem Job hat für mich die Tätigkeit als Berater, auch wenn sich das jetzt so ein bisschen verunglimpfend anhört, noch einen starken Ausbildungscharakter. Das kommt natürlich darauf an. Es gibt Unternehmen, die einem sehr früh sehr viel Verantwortung in die Hand geben. Die meisten machen das aber eher nicht. Bei der Beratung ist das anders. Das, was ich da schon früh gelernt habe, davon zehre ich heute. Und ich bezeichne das heute als Geländegängigkeit und Allwettertauglichkeit. Geländegängig deswegen, weil man in den meisten Unternehmensfunktionen, ich will nicht sagen, sich zu Hause fühlt, aber sehr gut zu Recht kommt. Und mit Allwettertauglichkeit meine ich Unternehmenssituationen oder persönliche Situationen. Man weiß eher, die unterschiedlichsten psychologischen Situationen zu meistern. Wie bei einem Segelschiff im Sturm. Man muss das Steuer festhalten und „da durchfahren“. Bei so was nimmt man irrsinnig viel mit. Und ich bin richtig dankbar und froh, dass ich die Erfahrung gemacht habe, weil ich in vielen Situationen viel unruhiger wäre und denken würde „Mist, was jetzt?“
Was hat Sie am meisten am Beratersein gestört? Ich habe mir gewünscht mehr Freizeit und Freiheit zu haben. Man kann einfach seine persönlichen Themen, seinen Partner, sein zu Hause aber auch Freundschaften nicht gut pflegen. Das stört mit Sicherheit am meisten. Innerbetrieblich habe ich mir mehr Freiheit hinsichtlich der Projektwahl gewünscht. Ein Projekt in einem eher ungeliebten Bereich ist o.k. Aber wenn es drei werden, dann ist auch irgendwie mal gut. Schwerpunkte und Vertiefungsrichtungen wähle oder schaffe ich mir lieber selbst – aber sonst wäre ich wohl auch nicht Unternehmer geworden.
Sie sind jetzt Geschäftsführer eines Unternehmens für Metallrecycling. Inwieweit können Sie Ihr Wissen als Unternehmensberater hier einsetzen? Da wir ein relativ kleines Unternehmen sind, sind natürlich sehr viele Funktionen in einer Person gebündelt. Hier kann ich die eigene Vielseitigkeit immer wieder gut gebrauchen. Egal ob ich jetzt mit irgendeinem kleinen Unternehmen zu tun habe, mit Banken oder mit dem Einkauf sehr großer Unternehmen spreche. Ich kann mich mit jedem gut unterhalten. Ich weiß, wie ich Sachen aufzubereiten habe und durchzurechnen sind, wie ein Business Plan, ein komplettes Kostenrechnungssystem oder eine Liquiditätsrechnung aufgesetzt wird, wie ich meine eigenen Bilanzen oder die GuV analysiere. Wenn ich irgendetwas restrukturiere, erstelle ich Maßnahmenpläne. Auch in unserem Fall habe ich einen Strategie Workshop durchgeführt und den aber auch so durchgezogen, als hätte ich den für einen Kunden gemacht. Und das ist aber auch direkt eine Unterlage, die ich jemandem zeigen kann. Nicht irgendwie zusammen gewürfelte Papiere, sondern da arbeite ich sozusagen direkt im „Droege-Stil“.
Wie können sich angehenden Berater schon während Ihres Studiums optimal auf ihren späteren Beruf vorbereiten? Also die meisten, gerade die Top-Berater setzen voraus, dass man Leistungs-bezogen einen schnurgeraden Lebenslauf hat. D.h. der Lebenslauf muss zeigen, dass man sich immer reingehängt hat und immer einer der besten war. Die schauen sich auch die Abiturnoten genau an. Man sollte auch versuchen, so viele Erfahrungen wie möglich zu sammeln. Der Berater soll ja nicht nur sehr emsig, sehr strukturiert und sehr schlau, sondern auch möglichst vielseitig einsetzbar sein. Und das dokumentiert man am besten durch verschiedene Praktika oder anderen Tätigkeiten in der Freizeit. Dann sind da auch noch die studentischen Unternehmensberatungen, bei denen man gut neben dem Studium mitarbeiten kann. Das ist mit Sicherheit auch so ein Soll-Ergebnis dieses Interviews, aber ich sage das auch jetzt nicht geschönt.
Welcher Teil Ihrer universitären Ausbildung hat Ihnen in Ihrem Beruf am meisten genützt? Das ist eine gute Frage. Alles und Nichts. Die betriebswirtschaftliche Empathie. Man muss ein Gefühl für betriebswirtschaftliche Problemstellungen entwickeln. Top-MBA-Schulen bieten eine gute Vorbereitung auf Beratertätigkeiten, weil viel mehr mit Fallstudien gearbeitet wird. Dort wird Ihnen gesagt: „Das ist das Problem. Verwenden Sie jetzt das, was Sie gelernt haben, um dieses Problem zu lösen, eine Entscheidung treffen zu können oder eine Empfehlung geben zu können.“ Das hat man an den deutschen Unis eher nicht. Da geht es eher vertikal der Theorie entlang. Das musst du alles wissen und Punkt. Aber ansonsten würde ich sagen, ist es wirklich der Instinkt und die Analytik, was man an der Uni lernt. Trainieren kann man das an der Uni im Rahmen von Studien-/Diplomarbeiten und der Promotion, wo man Dinge immer wieder hinterfragen muss. Vielleicht ist die Promotion deswegen auch sehr gefragt, nicht nur weil sich der Titel gut verkaufen lässt, sondern weil man dort dieses analytische Denken entwickeln muss und weil man ein Gefühl für das Ganze bekommt.
Was möchten Sie unseren Studenten als Ratschlag gerne noch mit auf den Weg geben? Sie sollen auf sich aufpassen. Das hört sich ein bisschen kontraproduktiv an. Ich kann jedem, der sich möglichst weit entwickeln will, nur empfehlen, zu einer Top-Beratung zu gehen. Wenn er das tun will, dann muss er möglichst früh anfangen, dafür zu arbeiten, und sich möglichst früh darüber im Klaren sein, was das für ihn persönlich bedeutet. Es ist eine sehr, sehr hohe Belastung, die man da eingeht. Man sollte sich nicht komplett vereinnahmen lassen und alles aufgeben. Ich habe da meine Erfahrung leider schon machen müssen, bevor ich erkannt habe, dass das Leben viel mehr Möglichkeiten bietet, als man oft denkt.
Zurück zur Übersicht
|
 |